Ich teile mir mit einem Freund den Fahrweg zur Schule unserer Kinder. Nur das der Stundenplanwechsel in diesem Schuljahr einiges durcheinander gewürfelt hat. Der Donnerstagmorgen ist seitdem ziemlich doof für uns beide. Unsere Kinder haben da schon zur ersten Stunde, also um 8 Uhr Unterricht und ich einen 16 Stunden Tag, weil ich donnerstags Abend immer die Gruppe habe, und Theo hat da beide Kinder alleine und muss sie an zwei entgegengesetzten Orten in ungünstiger Reihenfolge abgeben.
Das heißt er muss erst zur Schule, dann zur Kita (weil die erst um 8 Uhr aufmacht), um dann wieder an der Schule vorbei zur Arbeit zu fahren. Blöd, kann ich verstehen. Also schrieb er mir am Mittwochabend eine Nachricht, ob ich unsere beiden Mädels am Donnerstag zur Schule bringen würde. Ich hatte ein ganz klares Gefühl für ein Nein (sagte der Bauch). Und dann waren da noch mein schlechtes Gewissen, weil er am Montag schon beide gebracht hatte und letzten Donnerstag auch und den Montag davor auch schon… Es wäre also wirklich (sagt der Kopf) an meiner Reihe (auch wenn Theo einen Bonus hat, weil er - im Gegensatz zu mir - sowieso auf den Weg zur Arbeit an der Schule vorbei muss (sagt auch der Kopf)).
Dennoch bin ich bei meinem Bauchgefühl geblieben und habe gesagt das ginge nicht. Ich hatte eine Woche nicht durchgeschlafen, mich von einem Traum in den nächsten wälzend, immer unterbrochen von einem kurzen aufwachen um dann im nächsten Traum wieder irgendwie gejagt zu werden. Offensichtlich hatte mein Unterbewusstsein einiges zu verarbeiten. Vielleicht ist es aber auch nur die Zeitqualität in der wir gerade sind. Vielen ginge es ähnlich. Wenn ich morgens nach diesen Nächten in den Spiegel geschaut habe, hat mich ein Zombiegesicht angesehen. Ich war einfach nur noch sooo müde…
Von Mittwoch auf Donnerstag habe ich dann das erste Mal wieder durchgeschlafen und zwar so tief, dass ich irgendwo im Traumland das Klingeln meines Weckers wahrgenommen habe, aber ich war so weit weg, dass ich davon nicht wachgeworden bin. Und mein Wecker ist hartnäckig. Er klingelt alle 5 Minuten für ein paar Minuten und das mindestens eine halbe Stunde lang. Ich habe scheinbar den dringend benötigten Schlaf der letzten Woche nachgeholt.
Als ich dann schließlich wach wurde (mein Wecker hatte längst aufgegeben), war es 7.40 Uhr. Und es war klar, zur ersten Stunde schaffen wir es nicht mehr. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal verschlafen habe. Das ist schon Ewigkeiten her!
Ich bin so getrimmt auf meinen Wecker, dass ich schon bei dem allerersten ganz ganz leisen Ton wach werde, den andere gar nicht wahrnehmen, eben weil er so leise ist. Aber an diesem Morgen war da einfach nichts zu machen. Ich habe in einem komatösen Schlaf mein Defizit der ganzen Woche nachgeholt.
Dann habe ich die Schule benachrichtigt und gesagt, dass ich meine Tochter erst zur zweiten Stunden bringen würde. Wir haben dann noch gemeinsam in Ruhe gefrühstückt und ich war so froh, dass ich Theo am Abend vorher abgesagt hatte, auch wenn es mir sehr schwer gefallen ist. Ich hatte eine leise Ahnung, dass irgendwas nicht wie erwartet laufen würde. Und dieses leise Gefühl, dieser „discomfort“, dieses unwohlsein bei dem „Ja“, hat mich gewarnt. Es hat mich dazu bewegt mich für mich und mein Gefühl zu entscheiden anstatt den Gedanken (=Kopf) von dem, was ich „sollte“ oder was fair wäre oder von mir verlangt wird und meinem schlechten Gewissen, als Antwort darauf, nachzugeben.
Letztlich hätte ich uns beiden keinen Gefallen tan, wenn ich nicht um 7.30 Uhr bei ihm vor der Türe gestanden hätte und er mich auch nicht erreicht hätte, weil mein Handy nachts immer aus oder auf Flugmodus ist. Das konnte ich natürlich alles nicht wissen, aber mein Unterbewusstsein hat einen ganz guten Draht zu dem, was man „eigentlich“ nicht wissen kann. Und ich habe gelernt ihm zu vertrauen.
Ich folge dem, weil ich weiß, dass es mehr weiß als ich, dass es einen ganz anderen Zugang hat und einfach viel schlauer ist als ich. Die beiden Unfälle, davon einer, der gravierende Konsequenzen mit vier OPs nach sich gezogen hat, habe ich im Vorfeld gespürt. Das Gefühl morgens nicht auf mein Motorrad zu steigen hat mich angeschrieben so laut es konnte. Ich habe es gehört und – ignoriert.
Mein Kopf war stärker, der gesagt hat, wenn es nochmal friert, dann bekomm ich das Motorrad den Berg nicht mehr hinunter. Es sollte die letzte Fahrt werde um mein Motorrad zum überwintern zu meiner Oma zu fahren. Ich habe es den ganzen Tag schreien hören. Selbst nach der Schule hatte ich es dann organisiert, dass ich den Helm bei einer Freundin im Kofferraum lassen konnte, sie mir den Helm dann am Montag wieder mitbringen würde und mein Motorrad dann übers Wochenende in der Schule geblieben wäre. Aber ich habe mich dann „überredet“ (hat der Kopf zu gesagt), es hinter mich zu bringen.
Ich kann mich noch sehr genau an alles an diesem Tag erinnern, weil alles so laut mit mir „gesprochen“ hat. Und besonders an dem Moment, wo ich umgedreht bin, den Helm geholt habe und mich gezwungen habe das jetzt hinter mich zu bringen. Nur um 20 Minuten später mit einem dreifachen offenen Trümmerbruch auf der Strasse zu liegen und auf den Notarzt zu warten. Drei Wochen Krankenhaus folgten. Sechs Monate nicht laufen können. Weitere drei Operationen mit jeweils 6 Wochen auf Krücken. Ich weiß warum es an diesem Freitag so laut geschrien hat. Zeit ist nicht linear. Das war alles vorher schon da. Lineares Denken ist nur einfacher zu handhaben. Das alles ist nun fast 20 Jahre her. Und ich habe daraus gelernt. Dickköpfig wie ich bin natürlich nicht beim ersten mal.
Es gab noch einen weiteren Unfall mit Totalschaden in dem ein LKW unsere kleine A-Klasse zusammengedrückt und ein Landrover zeitgleich 30 cm von meinem Kopf entfernt in unser Auto eingeschlagen ist. Auf der linken Spur einer zweispurigen Autobahn. Außer einem riesen Schock ist uns zum Glück nichts passiert. Ich hatte 30cm Glück, wenn man so will. Wären wir auch nur ein paar Sekunden schneller gewesen, wäre das schlimm ausgegangen. Ich glaube so stabil ist mein Dickkopf dann doch nicht dass er es mit einer Tonne Stahl aufnehmen kann, die mit ordentlich Wucht einschlägt. Und auch hier hatte ich vorher dieses Gefühl. Dieses Unbehagen. Ich habe es auf den Leihwagen geschoben. Eine A-Klasse fährt sich echt seltsam… Den ersten Teil der Strecke, in der ich gefahren bin, ging auch alles gut. Dann haben wir getauscht und ich habe geschlafen. Auf dem Beifahrersitz mit dem Kopf ans Fenster gelehnt bis der Aufprall von der Seite kam….
Ob ich daraus dann gelernt habe? JA! Seit dem höre ich sehr fein auf dieses Unwohlsein, dass sich einstellt wenn ich etwas besser lassen sollte.
Ich habe durch diese Prüfungen die Kraft und den Reichtum meines „gut feelings“ sehr schätzen gelernt. Das Bauchgefühl, das was wir auch Intuition nennen. Oder innere Führung. Egal wie wir es nennen, es ist das größte Geschenk was wir haben. Und die Grundvoraussetzung um das wahrzunehmen zu können, ist unseren Körper wahrzunehmen.
Mit allem, was er uns mitteilt. Körpersprache ist soviel mehr, als die meisten von uns glauben. Die Afferenten Nervenbahnen leiten Signale von den inneren Organen (dazu zählen auch unsere Eingeweide und unser Bauch) ans Gehirn weiter und machen 80% unserer Nervenbahnen aus. Die anderen 20% sind die sogenannten Efferenten Nervenbahnen, die Signale vom Gehirn an den Körper senden. Diese sind wesentlich langsamer und machen eben auch nur 20% unserer „internen Kommunikation“ aus. Und nur die 20% sind das, was wir kognitiv erfassen und steuern können!
Und wir brauchen unsere Sinne und unsere Wahrnehmung, um den 80% zuhören zu können! Und dann brauch es noch einwenig Training um zu verstehen was der Bauch da sagt, aber das ist dann der einfachste Teil....
In diesem SINNE,
wünsche ich euch eine gute Rück-BeSINNung!
Steph