Trauma gehört zum Leben, Traumabewältigung auch!

Somatic Experiencing (SE) ist eine von Peter Levine entwickelte Methode der Trauma-Arbeit, die es ermöglicht, mit traumatischen Erfahrungen wie erlebten Unfällen, Missbrauch, Vernachlässigung und Gewalt, besonders behutsam, dennoch in der Tiefe erfolgreich zu arbeiten.

Wie entsteht ein Trauma?

Trauma entsteht, wenn bei Überreizung des Nervensystems der ursprünglich natürliche Zyklus von Orientierung, Flucht, Kampf und Immobilitäts-Reaktion nicht vollständig durchlaufen werden kann oder gar nicht erst zustande kommt.

Bei der Aufarbeitung der Folgen von Schock und Trauma muss deshalb die körperliche Reaktion auf das verursachende Ereignis als eigenes Phänomen verstanden und berücksichtigt werden.

Gelingt es dem Menschen die biologischen Prozesse schrittweise und langsam zu vervollständigen, so kann die Person wieder Zugang finden zu ihren angeborenen, lebenswichtigen Reaktionsmöglichkeiten wie Orientierung, Flucht, Kampf, Verteidigung, und so ihre volle Lebensenergie zurückgewinnen, die zum Zeitpunkt der Überwältigung nicht zur Verfügung stand, bzw. eingefroren ist.

Was passiert während und nach einem traumatischen Ereignis?

Ebenso wie Tiere in freier Wildbahn, verfügen wir im Grunde über angeborene Regulationsmechanismen, die es uns ermöglichen, die hohe, im Überlebenskampf mobilisierte Stress-Energie wieder abzubauen. Jedoch wird bei uns Menschen die Funktionsfähigkeit dieser instinktgeleiteten Systeme häufig durch den „rationalen“ Teil unseres Gehirns gehemmt und außer Kraft gesetzt.

Dies kann dazu führen, dass die vom Körper im Alarmzustand bereit gestellte Überlebensenergie vom Nervensystem nur unvollständig oder verzögert aufgelöst wird. Der Organismus reagiert in der Folge weiterhin auf die Bedrohung der Vergangenheit. In diesem Falle sind die in der Gegenwart zu beobachtenden Reaktionsweisen, Verhaltensmuster, Überzeugungen, Gedanken und Gefühle der Person oft noch mit den erschreckenden Erfahrungen der Vergangenheit gekoppelt.

Für die Betroffenen entstehen oft verwirrende und auch beängstigende psychische und somatische Symptome. Diese zeigen sich, in der Regel zwischen mehreren Wochen bis zu Jahren nach dem traumatisierenden Ereignis.

Die häufigsten Symptome sind: Übererregbarkeit, Überaktivität, jähzornige Wutausbrüche, Ängste, Panik, Depressionen, Gefühle von Entfremdung, Konzentrationsstörungen, Dissoziation, Bindungsunfähigkeit, Schlafstörungen, Erschöpfung, chronische Schmerzen, Migräne, Nacken- und Rückenprobleme, Probleme mit dem Immunsystem, Burnout uvm.

„Ein Trauma ist im Nervensystem gebunden. Es ist somit eine biologisch unvollständige Antwort des Körpers auf eine als lebensbedrohlich erfahrene Situation. Das Nervensystem hat dadurch seine volle Flexibilität verloren. Wir müssen ihm deshalb helfen, wieder zu seiner ganzen Spannbreite und Kraft zurückzufinden.“ Peter Levine

Wie funktioniert Somatic Experiencing?

Mit Somatic Experiencing wird das traumatische Ereignis körperlich und geistig „neuverhandelt“. Dabei ist nicht das Ereignis selbst entscheidend, sondern die Reaktionsweise des Nervensystems, d.h. wie die physiologischen Regulationskräfte des Nervensystems mit der Bedrohung fertig geworden sind. Viele Menschen befürchten durch Erzählungen und Erinnerungen die furchtbaren Erfahrungen wiederholt durchleben zu müssen, um das Trauma aufzulösen. Das ist jedoch nicht notwendig und es wird auch davon abgeraten, da es durch das erneute Erleben zu einer Retraumatisierung kommen und die Symptome verschlimmern kann.

Mit SE ist es möglich, ohne Inhalt oder Erinnerung zu arbeiten, wenn das Ereignis emotional zu belastend erscheint. Eine mögliche Re-Traumatisierung bei der Aufarbeitung wird vermieden, indem die „eingefrorene“ Energie in kleinen Dosen „aufgetaut“ (titriert) wird und schrittweise zur Entladung kommt.

Durch das Aufspüren und Wiederbeleben dieser biologischen, körperlichen Abwehrkräfte, entsteht aus dem traumabedingten Gefühl von Lähmung und Erstarrung ein Gefühl von Lebendigkeit und eine Eröffnung von neuen Möglichkeiten und Lebensfreude. Die tief verankerten Nachwirkungen von Trauma können sich schonend auflösen und einer neuen Wirklichkeit Platz machen.

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"Die Arbeitsweise von Somatic Experiencing berührt mich immer wieder sehr tief. Es ist viel mehr als „nur“ eine Trauma-Arbeit. Es ist auch eine Lebensweise, eine Haltung, Menschen mit Wertschätzung und Anteilnahme zu begegnen und sie dort abzuholen, wo sie stehen und sie anzunehmen, mit allem, was in dem Moment da ist. Ich bin Peter Levine unglaublich dankbar, dass er diese Arbeit im Laufe der letzten 40 Jahre entwickelt hat. Sie entspricht meinem Wesen, meinem Körperwissen und meiner Art mit Menschen zu arbeiten. Deshalb fließt immer mehr SE auch in meine Körperarbeit mit ein.“ Steph Acanayani Grella